Eine literarische Reise, die mit meinem Urlaub in der Toskana im Jahr 2001 beginnt und mit meinem finalen Umzug nach Florenz in naher Zukunft enden wird.
Montag, 22. Juni 2015
La prima Volta
Meine Reise hat vor 14 Jahren im Jahr 2001 begonnen und ich kann wahrlich behaupten, dass ich das Ziel noch lange nicht erreicht habe. Warum das so ist? Wenn wir erst einmal realisieren, dass der Weg das Ziel ist und das wir uns konstant auf dem Weg befinden, ohne ein Ziel zu erreichen, sondern um die Schönheit und Weisheit dieses Weges schätzen lernen - erst dann hört das Leben auf eine Aufgabe zu sein, sondern es wird natürlich und einfach und in sich selber eine Ekstase.
Es war "La prima Volta", mein erstes Mal in Italien. Es war unendlich langes Autofahren durch eine malerische Landschaft, es war weinende Kinder, die zum ersten Mal eine völlig fremde Umgebung entdeckten, es war ein Haus, welches auf den ersten Blick so gruselig erschien, dass man sich wie ein einem Horrorfilm vorkam, es war Kartoffelernten im Licht des Mondes und die völlige Realisierung, wie schön die kleinen Dinge sind, es war Pizzaessen, frisch vom Steinofen, dass ich den Geschmack noch heute tief in mir drin schmecke, es war eine Rückfahrt vollgepackt mit den besten italienischen Produkten, dass man denken könnte, wir wären Italiener die nach Deutschland auswandern und sich heimische Produkte mitbringen. Doch wie kam das alles zustande?
Im August 2001 hat das Abenteuer begonnen. Familie Mehl fährt mich Sack und Pack das erste Mal in die Toskana. Katharina und Sebastian sind 3 und 7 Jahre alt und haben jetzt schon keine Lust auf eine 12 (in unserem Fall 18) Stunden Autofahrt. Natürlich muss bei McDonald's gehalten werden und natürlich wird einem von diesem Essen schlecht, dass ist doch alles klar, das weiß man vorher. Nein!
Nach dem gefühlt eine Millionsten Stau voller lästigem Anfahren und Bremsen, Anfahren und Bremsen und so weiter und sofort, bis man am liebsten eine riesen Bombe in die Schlange vor sich werfen möchte, damit der Weg endlich frei ist. Zu diesem ungünstigen Zeitpunkt hatten wir praktisch unseren zweiten Stop bei McDonald's, da Katharina sich übergeben musste. Ich versuchte die Nerven zu bewahren, doch nach jeder Menge Schlafentzug und schlechtem Raststättenkaffee fällt es selbst mir schwer, der Situation etwas positives abzugewinnen.
Sonderbarerweise kommt man doch meistens irgendwie an. Die Betonung liegt auf irgendwie.
Das Navigationsgerät schätze unsere Ankunftszeit auf ca. 18:00 Uhr ein. Damit lag es gar nicht mal so falsch, wenn man 23 Uhr noch als kleine Verspätung sieht. Scherz. Es gab noch gar kein Navi und wir waren nur mit einer Landkarte und dem Standart "ich fahre mal eben nach Italien"-Italienischkenntnisse bewaffnet. Tatsächlich war es so, dass wir ungefähr fünf Stunden durch das toskanische Hinterland getuckert sind, ohne ein wirkliches Ziel zu haben. Im Gegensatz zum bekannten Schilderwald betrug die Anzahl der Verkehrsschilder, sowie Richtungsweisern gerade dem Minimum, sodass man mit ein wenig Ortskenntnis alles finden müsste. Wir, als völlig Fremde, waren also völlig aufgeschmissen. Nur durch ein Wunder haben wir dann doch den richtigen "Feldweg" zum abbiegen gefunden. Ein altes Pärchen, dass zufällig auf einer der verlassenen Landstraßen spazieren ging, war dann doch in der Lage uns den Weg, mittels non-verbaler Hand-Fuss-Ohren und Nasenbewegungen und "Oh Gott die armen Deutschen"-Gedanken, zu erklären, welcher nun der richtige Weg ist.
Das Haus war düster und mit Efeu bewachsen. Die Fensterladen waren alle geschlossen. Wir wurden tatsächlich von völliger Dunkelheit begrüßt. Die Kinder liessen mich natürlich direkt spüren, wie sehr sie dieser Urlaub jetzt schon aufregt. Warum sind sie nur manchmal so undankbar, dachte ich mir.
Rettung (und Licht) nahte uns in Form von zwei zuckersüßen Hausverwaltern, die uns mit einem riesigen und rostigen Schlüssel dein Einlass zu Casa Geffri gewährten.
Von innen sah das Haus aus, wonach es draußen schon den Eindruck gemacht hatte: dunkel. Ich fühlte mich, als wären wir zig Jahrzehnte in die Vergangenheit nach Italien gereist und zurück zu einem einfach Lebensstandard gekehrt sind. Die Zeit war stehen geblieben. Die vielen Bilder an den Wänden erzählten vom Leben hier. Glückliche Menschen strahlten uns entgegen und irgendwie beruhigte mich das. Es war gar nicht alles so schlimm, wie es auf den ersten Blick aussah.
Als am nächsten Morgen die Sonne aufging und Licht das Haus durchflutete, war ich das erste Mal in der Lage, die Schönheit dieses Hauses zu bewundern. Es wirkte auf der einen Seite traurig und doch so stolz, wie es auf der erhöhten Einfahrt stand und dem Wandel der Zeit und der Menschen standgehalten hat. Man kann fast sagen, dass das Haus sich selber treu geblieben ist - und das war die erste Lektion, die ich in der Toskana gelernt habe: Man muss sich selbst immer treu bleiben. Denn wenn man völlig verzweifelt mitten in der Nacht in einem fremden Land steht, dann muss man sich aus dieser Situation selber wieder raushelfen beziehungsweise das Beste daraus machen.
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