Bei der Suche nach Antworten hielt ich mich immer zu an unsere beiden Hausverwalter: Gina und Mario. Dieses ältere Pärchen ist der Inbegriff der italienischen Freundlichkeit und Wärme. Sie haben das besondere Gespür, dir das Gefühl zu geben, dass du etwas besonderes bist. Auch der Umgang untereinander war einfach nur schön mit anzusehen. Die Liebe, die sich diese beiden Menschen gegenseitig geben, war das schönste, dass meine Augen seit langem gesehen habe. Eine Art der Fürsorge, wie sie in unserem kalten und grauen Deutschland doch oft im Stress des Alltags irgendwie ein Stück weit verloren geht. Somit stand mein Ziel fest: die italienischen Werte in mein Leben mit einbauen und so versuchen, endlich wieder Glück und Freude intensiv wahrnehmen.
Ein ganz besonderes Highlight, welches wir mit Gina und Mario erlebten war die Kartoffelernte im Mondlicht. Hinter ihrem Haus hatten die beiden ein riesiges Areal, auf dem sämtliche Gemüsesorten ihre Früchte trugen. Eine kleine Höhle wurde zu einem Weinkeller ausgebaut. Beim betreten stieg mir miefiger Geruch in die Nase, doch das Innenleben der Höhle war ein einmaliger Anblick. Tausende von Weinflaschen und Karaffen stapelten sich bis in die hintersten Winkel der Höhle. Obwohl es irgendwie gruselig schien, war es doch interessant mit anzusehen. Mario holte ein paar Gläser und zapfte den Wein direkt aus dem Fass. Das war mein erstes Glas toskanischer Wein. Ein Gaumenschmaus. Der Traubensaft bahnte sich den Weg meine Kehle hinunter und erfrischte jede meiner Zellen mit seiner Fruchtigkeit. Ich spürte die Trauben in mir explodieren und so musste ich grinsen.
Auf das Gläschen Wein folgte dann der aufregende Teil des Abends: die Kartoffelernte. Nachdem uns die Sonne verlassen hatte, tauchte ein riesiger Vollmond das Land in sein bezauberndes Licht. Alles glänzte förmlich und ich saugte die nächtliche Atmosphäre in mich hinein.
Nur mit meinen bloßen Händen bewaffnet, fing ich an, die Kartoffeln aus der noch von der Sonne erwärmten Erde zu holen. Immer wieder spazierte eine Spinne oder ein anderes Tier über meine Finger. Obwohl ich bisher immer empfindlich auf Insekten reagiert habe, sah ich die Situation total entspannt. Je mehr Kartoffeln ich aus der Erde in den Sammelkorb beförderte, desto stolzer war ich. Es war ein einmaliges und unglaubliches Gefühl, obwohl es eine so nichtige Aufgabe war. Am Ende gingen wir mit einem bis zum Rand gefüllten Sack Kartoffeln nach Hause. Auch Wein haben wir en Masse geschenkt bekommen.
Mein erstes italienisches Souvenir habe ich mir zwar anders vorgestellt, aber es sind ja bekanntlich die kleinen Dinge, die das Leben ausmachen.
Am nächsten Abend wurden wir dann von Gina und Mario zum Essen eingeladen. Es gab alles, was das Schlummerherz begehrt. Von Tomate Mozzarella, über Rosmarinkartoffeln, bis hin zu dem feinsten Kaninchenfleisch, dass ich je in meinem Leben gegessen habe. Ich kann dazu nur sagen, dass ältere, italienische Hausfrauen definitiv das größte Talent zum Kochen haben, als mir jede andere bekannte Person. Es wurde mit so einer Liebe zubereitet, die man mit jedem Bissen in sich aufnahm und verinnerlichte. Die Düfte stiegen mir in die Nase und versetzen mich förmlich in eine Art Trance, das Gelächter von Gina, Mario und den Kindern erfüllte mein Herz mit solch einer Freude, wie ich sie selbst noch nie erlebt habe.
Und so nahm ich eine weitere Lektion für mein Leben mit nach Hause: es sind die kleinen Dinge, die das Leben machen und solange man Menschen um sich herum hat, die einen lieben und die einem gutes Wollen, ist es egal, wo auf der Welt man sich befindet, weil man immer einen Halt hat.
Und mein persönlicher Halt ist die Toskana geworden.
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